Nach dem Abi ausziehen?

Junge Frau ließt sich Unterlagen durch

Darum geht's

Du hast dein Abi geschafft und fragst dich, wie es jetzt weiter gehen soll? Als Abiturient steht dir eine ganz neue Welt offen. Das bedeutet aber auch, dass du nun einige Entscheidungen treffen musst. Eine davon ist die Entscheidung für oder gegen den Auszug aus dem elterlichen Nest. Viele Jugendliche in deinem Alter schätzen die Nestwärme im Elternhaus. Andererseits gibt es eine Menge guter Gründe, so früh wie möglich auf eigenen Beinen zu stehen. Um dir das Grübeln über dieses Thema etwas zu erleichtern, haben wir die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten genauer unter die Lupe genommen. Weiter unten kannst du außerdem nachlesen, was man gegen Heimwehtun kann und was du beim Auszug von zu Hause beachten solltest.

Hotel Mama: Pro & Contra

Vielen Studenten fällt es schwer, ein eigenes Leben aufzubauen. Genauergesagt leben laut einem Artikel auf Spiegel.de rund 40 Prozent der deutschen Studenten noch zu Hause. Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk begründet das so: Viele Studenten schätzen die heimische Unterstützung durch ihre Eltern – besonders in schwierigen Zeiten.

Mittelweg: In der Nähe bleiben

Ein weit größerer Anteil (etwa 60 %) der Studenten wählt den Mittelweg. Sie sind an einer Uni im Heimat-Bundesland eingeschrieben. So kann man die Eltern zumindest am Wochenende besuchen, ohne dafür sehr weit fahren zu müssen.

Vor- und Nachteile von Hotel Mama

Herr Grob empfiehlt allen Studenten, sich selbst auf die Beine zu stellen. Klar: Die eigene Wäsche selbst zu waschen, kostet Überwindung. Dieser Prozess gehört aber zum Leben eines Studenten dazu. Zusammengefasst sind es folgende Nachteile von Hotel Mama, die Abiturienten zum Auszug aus heimatlichen Gefilden bewegen:

  • Wenig Privatsphäre
  • Kaum Chancen, sich unabhängig zu entwickeln
  • Wohlwollende Mamas machen sich ständig Sorgen.
  • Wohnort möglicherweise weit von der Uni bzw. Ausbildungsstätte entfernt

Soweit so klar. Dennoch kann man die Vorteile des Hotel Mama nicht wegreden. Wir haben uns gefragt: “Was spricht dafür, nach dem Abi weiterhin bei den Eltern zu leben?” Und sind zu folgendem Schluss gekommen:

  • Mehr elterliche Unterstützung
  • Kaum finanzielle Sorgen
  • Meistens mehr Platz, als in WG und Studentenwohnheim
  • Wohlfühl-Faktor aufgrund der gewohnten Umgebung

Was spricht für das Ausziehen? Was dagegen?

Gerade am Anfang kann es passieren, dass du dich in deiner neuen Umgebung nicht wohl fühlst. Vielleicht sehnst du dich nach deinem Kinderzimmer oder der Gegenwart deiner Eltern. Einige Auszubildenden und Studenten fühlen sich in ihrem neuen Zuhause lange Zeit nicht wohl und auch nicht richtig “daheim”.

Andererseits siehst du die Welt durch ganz andere Augen, wenn dir deine Eltern nicht mehr im Nacken sitzen und du auf eigenen Füßen stehst und für dich selbst verantwortlich bist.

Weg von Zuhause: die Nachteile

  • Du hast trotz BAföG weniger Geld zur Verfügung.
  • Wäsche waschen, kochen und putzen: Das musst du jetzt selbst erledigen.
  • Mama und Papa können in schweren Zeiten vorerst nur über das Telefon Trost spenden.
  • Eine gute WG oder Wohnung zu finden, ist nicht einfach.
  • Falls du im Studentenwohnheim wohnst, hast du wenig Platz.
  • Du benötigst eine eigene Haushaltsversicherung.
  • Möglicherweise wirst du unter Heimweh leiden.

Folgendes spricht für das Ausziehen (in ein weiter entferntes Bundesland):

  • Ein wenig Abstand tut dir und deinen Eltern gut
  • Die Beziehung zu den Eltern verbessert sich
  • Du kannst testen, wie sich ein selbständiges Leben anfühlt…
  • …und dein Leben so führen, wie du es für richtig hältst
  • Alle Unis stehen dir offen – du kannst überall hinziehen, egal wo deine Eltern wohnen
  • Du musst nicht jeden Tag zur Uni bzw. Ausbildung pendeln, wenn du in der Nähe wohnst
  • Du wirst engeren Kontakt zu deinen Kommilitonen haben
  • Höheres BAföG, wenn du nicht bei deinen Eltern lebst
  • Du wirst reifer und entwickelst dich weiter

Heimweh? Das hilft!

Falls du von Heimweh betroffen bist, probiere einmal die folgenden Tipps aus:

  • Suche die Gesellschaft anderer Leute. Verkrieche dich nicht!
  • Lenke dich mit einem (neuen) Hobby ab und bleibe aktiv.
  • Gehe auf die Leute in deinem Umfeld zu. Knüpfe neue Kontakte.
  • Häufige Telefonate mit deinen Eltern machen die Sache nicht besser.
  • Telefoniere nur ab und zu mit ihnen.
  • Blicke mutig in deine Zukunft und denke nicht zu viel an die Vergangenheit.
  • Treibe mehrmals pro Woche Sport. Das baut Stress und schlechte Laune ab.

Wenn dich akutes Heimweh plagt und deine Freunde gerade keine Zeit haben, mache dir einen schönen Tag. Tu das, wonach dir ist. Vielleicht helfen ein warmer Kakao, eine Kuscheldecke und die Beschäftigung mit deinem Lieblingshobby. Auch Haustiere helfen gegen Momente der Einsamkeit oder des Heimwehs. Positiver Nebeneffekt: Mit einem Hund bist du dazu gezwungen, ab und zu vor die Türe zu gehen. Vielleicht lernst du in der Hundeschule sogar neue Leute kennen.

Dein Plan

Wenn du wirklich ausziehen möchtest, dann solltest du dir zuvor Gedanken über diese Themen machen:

  • Die Finanzen: Mietkosten im neuen Wohnort, Lebenserhaltungs- und sonstige Kosten
  • WG-Zimmer, Studentenwohnheim oder eigene Wohnung?
  • Eigenes Auto oder Öffis & Fahrrad?
  • Hast du ein Netzwerk aus Freunden und Bekannten in der neuen Stadt oder kennst du niemanden?

Freunde finden

Unterschätze bitte den letzten Listenpunkt nicht! Wenn du ein eher schüchterner Zeitgenosse bist, könnte dir das Knüpfen neuer Kontakte Schwierigkeiten bereiten. Andererseits hast du damit die Chance, zu neuem Selbstbewusstsein zu finden.

Finanzielle Fragen klären

Zur Erstinformation solltest du dem zuständigen Studentenwerk einen Besuch abstatten. Die Adresse findest du hier: http://www.studentenwerke.de/de/content/finden-sie-hier-ihr-studentenwerk Dort erhältst du Auskünfte zu finanziellen Unterstützungsleistungen, der Wohnungssuche und dem Einstieg ins Studienleben im Allgemeinen.
Was du aber noch vor deinem Besuch beim Studentenwerk tun kannst, ist, dir deine ungefähren Kosten pro Monat auszurechnen. Durchschnittlich gibt ein deutscher Student im Monat etwa 794 € aus.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen und ist bei Auszubildenden übrigens ähnlich hoch:

  • Miete plus Nebenkosten: 298 €
  • Ernährung: 165 €
  • Kleidung: 52 €
  • Lernutensilien: 30 €
  • Auto bzw. Öffis: 82 €
  • Gesundheit: 66 €
  • Rundfunk, Internet und Co.: 33 €
  • Freizeit: 68 €

Auf der anderen Seite erhältst du im besten Fall etwa 700 € aus dem BAföG bzw. Berufsausbildungsbeihilfe, wenn du eine Ausbildung anstrebst. Hinzu kommen Einnahmen aus Nebenjobs und manchmal auch gelegentliche Geldspritzen durch die Eltern.
Sofern du noch nicht volljährig bist, hast du übrigens Anspruch auf Unterhaltsleistungen von deinen Eltern. Und zwar so lange, bis du deine erste Ausbildung bzw. dein erstes Studium abgeschlossen hast.

Fazit: Ausprobieren lohnt sich

Du bist dir noch nicht sicher, wie es mit dir weiter gehen soll? Geh’ doch einfach einmal ein Risiko ein! Kläre mit deinen Eltern, ob du im schlimmsten Fall wieder nach Hause zurück ziehen darfst. Die meisten Eltern verwehren ihren Kids diesen Wunsch nicht. So hast du die Chance, dein eigenes Leben zu starten, bist aber zur Not durch deine Eltern abgesichert. Solltest du deine neue Freiheit mit all ihren Konsequenzen auf Dauer doch nicht ertragen, kannst du immer noch in dein Kinderzimmer zurück ziehen.

Wir wünschen dir in jedem Fall viel Erfolg und vor allem eine Menge Mut auf deinem Weg!

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